The NEW New Business Development – Vom linearen Irrtum zur lernenden Organisation

Eine Idee läuft Amok

Wenn Sie sich mit der Entwicklung neuer Businessbereiche oder neuer Produkte beschäftigt haben, kennen Sie evtl. auch diese Situation: Eine gute Idee wird zu einem Konzept und dann zu einem Business Case. Ist dieser erfolgsversprechend, folgt die langwierige und teure Produktentwicklung, alles unter strengster Geheimhaltung. Nach einigen Monaten und erheblichem Aufwand ist das Produkt marktreif und die Rollout-Kampagne beginnt. Doch die Zielgruppe interessiert sich nicht für die USPs des Produkts, der Absatz bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück.
Was ist passiert? Eine Idee und ihre vermeintlichen Value Propositions für den Kunden haben nicht funktioniert. So weit so gut. Doch hätte man das ohne die immensen Kosten feststellen können?

Fail fast – fail early?
Dieses Bonmot der Startup-Szene scheint nur auf den ersten Blick wie eine Aufforderung zum Scheitern. Vielmehr ist damit gemeint, eine Idee und die Hypothesen, auf der sie beruht, so früh wie möglich und mit so wenig Aufwand wie möglich zu testen. Wenn Ihre Idee in Ihrem Kern auf der Hypothese beruht, dass ein bestimmtes Kundensegment einen bestimmten Bedarf hat, sollte diese Hypothese getestet werden, bevor Sie Zeit und Geld in die Entwicklung eines Produktes investieren, das nachher keiner haben will.

Ideen online testen – nichts ist schneller und günstiger
Eine große Stärke von “Online“ ist es, dass man eine Value Proposition mit vergleichsweise minimalem Aufwand vor die Augen der Zielgruppe bringen kann. Der große Unterschied: Wenn Sie wissen möchten, ob ein Kunde Ihr Angebot kaufen wird, kann es anfänglich ausreichen, ihm nur die USPs und groben Features zu präsentieren und daran einen einfachen Call-to-Action knüpfen wie z.B. „Jetzt testen“, „Mehr erfahren“ oder sogar „Jetzt vorbestellen“.

Der Gründer von dropbox.com, einem der höchstbewerteten Startups dieser Tage, hatte am Anfang nur ein Screenvideo eines Prototyps verbunden mit einem Button „Jetzt testen“. Bei Klick gelangte man auf eine Seite mit dem Hinweis, dass die Software noch nicht zur Verfügung steht, man sich aber per Mail benachrichtigen lassen kann. Die Kosten dieses Tests betrugen vermutlich einige hundert Dollar. Der Beweis für den tatsächlichen Bedarf, den die vielen tausend eingetragenen Kaufwilligen mit ihrer Emailadresse  gegeben haben – unbezahlbar.

Die ausführliche Beschreibung dieses „Lean Startup“-Ansatzes gibt Eric Ries in seinem Buch, siehe Literaturempfehlungen auf der letzten Seite dieses Dokuments. www.kickstarter.com hat sich diesen Ansatz zum Programm gemacht.

Neue Messgrößen für Startups

Neue Produkte sollen Geld verdienen, soviel ist klar. So wichtig dieser Grundsatz bei der Bewertung neuer Geschäftsideen auch ist, so falsch ist jedoch auch die ausschließliche Leistungsmessung eines Startups mit finanziellen Kennzahlen.

Die wichtigste Aufgabe eines Startups ist nicht, frühestmöglich etwas Geld zu verdienen, sondern möglichst viel validiert über die Zielgruppe und ihre Bedürfnisse zu lernen.

Der namhafte Seriengründer, Business Angel und u.a. Professor in Standford und Berkeley, Steve Blank, bringt es auf den Punkt: Kein Startup weiß am Anfang, wer seine Kunden sind und welche USPs deren Bedürfnisse befriedigen. Niemals sollte man dem Irrglauben verfallen, dass man genau weiß, was der Kunde will. Weitere Todsünden eines Startups auch hier: http://steveblank.com/2012/05/14/9-deadliest-start-up-sins/

Wichtig ist hier die Definition von validiertem Lernen, sonst könnte man den Eindruck gewinnen, dass keine Leistungsorientierung gegeben sei.

Validiertes Lernen heißt messbares Lernen
Eine Unternehmung lernt messbar, in dem Hypothesen aufgestellt werden und diese methodisch falsifiziert oder bestätigt werden. Wenn Ihre Hypothese ist, dass Ihre Zielgruppe verheiratet, mittleren Alters und gutverdienend ist, haben Sie validiert gelernt, wenn Ihnen diese Gruppe ein starkes Interesse durch oben beschriebene Tests beweist.

Grundsätzlich gilt: so früh und so oft wie möglich ran an den Kunden mit einem konkreten Angebot. Nur aus seiner Entscheidung und seiner Reaktion ist validiertes Lernen möglich. Geheimhaltung und eingeschränkte Kontaktmöglichkeiten zum Kunden nutzen nur der Konkurrenz.

Daher ist es auch nur begrenzt sinnvoll, den Business Case und die Roadmap nach einem vermeintlich linearen Ablauf aufzubauen, wie z.B. „Konzeptphase“ à „Entwicklung“ à „Rollout“. Stattdessen sind eher Milestones relevant wie „3 potentielle Kundensegmente validiert“ oder „Value Proposition validiert“. Dies spielt sich in iterativen Zyklen ab.

 

Build-Measure-Learn-Zyklus nach Ries

 

Customer Development nach Blank

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Planbarkeit ohne festes Ziel?
Evtl. werden Sie sich fragen, wie die Planbarkeit eines solchen Projekts möglich sein soll, wenn man zu Beginn nicht weiß, wohin die Reise geht? Richtig – das genaue Ziel ist unbekannt. Dass auf dem Weg dorthin aber Iterationen nötig sein werden, ist abschätzbar. Planen Sie Ihre Kosten daher lieber anhand dieser möglichen Fragen:

  • Wie viele Iterationen werden wir brauchen, bis wir 3 Kundensegmente validiert haben?
  • Wie viele Iterationen schätzen wir für die Validierung des Value Propositions?
  • Was kostet uns eine Iteration? (Anzahl Tests bestehend aus Formulierung der USP, Mockup-Layouts, Programmierung etc.)
  • Etc.

Intrapreneurship – Unternehmertum im Konzern

Das hier beschriebene iterative Vorgehen unterscheidet sich stark von den gewohnten Prozessen eines Konzerns. Daher ist es wichtig, die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Intrapreneurship-Programm zu erkennen.

Ein Startup lebt einerseits von Engagement und Qualität des Gründerteams, andererseits von Entscheidungsfreiheit, Regeln-Brechen und Geschwindigkeit. Letzteres gilt im Online-Business doppelt. Wenn jede Iteration von der Geschäftsführung freigegeben werden muss und der Einkauf den Weg zu schnellen Ressourcen versperrt, sind andere schneller.

Daher folgende Empfehlungen an das Management:

  • Geben Sie Handlungsspielräume
  • Schaffen Sie für Ihre Intrapreneurship-Projekte einen möglichst bürokratiefreien Raum
  • Stellen Sie ausreichend Ressourcen bereit.
  • Messen Sie Erfolg an belastbaren Erkenntnissen über die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe
  • Fehlschläge sind wichtige Bausteine auf dem Weg zum Erfolg
I failed my way to success – Thomas Edison